Die Geschichte der „Homoehe“

Gemaelde Mann Frau iurFRIEND® AG

Donnerstag, 07.07.2016, geschrieben von iurFRIEND-Redaktion

Die Begriffe „Homoehe“ und „eingetragene Lebenspartnerschaft“ klingen nicht sehr romantisch, dafür aber sehr bürokratisch. Im Prinzip ist es auch eine Erfindung der Bürokratie, die sogar noch recht jung ist. Die Ehe gibt es schon seit Jahrtausenden, die „Homoehe“ bzw. „eingetragene Lebenspartnerschaft“ hingegen erst seit dem Jahr 2000. Sie soll homosexuellen Paaren die Möglichkeit geben, offiziell anerkannt in einer Gemeinschaft zu leben.

Im Alltagsgebrauch ist die eingetragene Lebenspartnerschaft vor allem bekannt als sogenannte „Homoehe“. Sie wurde im November 2000 eingeführt und ist eine neue Institution im Personenstandsrecht. Vorangetrieben wurde die Einführung der Lebenspartnerschaft bzw. der Homoehe von der damaligen rot-grünen Koalition. Vor allem Volker Beck von den Grünen und die Sozialdemokratin Margot von Renesse kämpften entschlossen für die Lebenspartnerschaft und setzten sie gegen den Widerstand von Politikern aus den eigenen Reihen durch.

Keine einfache gesetzliche Neuerung

Der Widerstand gegen die rechtliche Gleichstellung von homosexuellen Paaren war damals sehr groß im Bundestag. Die Diskussionen wurden schmutzig und beleidigend geführt. Vor allem die Mitglieder der Fraktion der Grünen wurden angefeindet und mit Hassmails bedacht. Vor allem innerhalb der Union durfte kein Politiker Zustimmung zu der sogenannten "Homoehe" zeigen.

Dabei haben viele homosexuelle Paare offenbar sehnsüchtig auf die Möglichkeit einer "Homoehe" gewartet. Die Institution Ehe haben die Politiker mit der Möglichkeit der „eingetragenen Lebenspartnerschaft“ nicht angefasst. Die Ehe ist weiterhin eine besonders geschützte Institution im Staat und nur heterosexuellen Paaren erlaubt. Das sorgt zwar immer noch für viel Kritik aus den Reihen der Homosexuellen. Dennoch haben sehr schnell viele Paare die Möglichkeit genutzt, wenigstens eine Lebenspartnerschaft einzugehen. So waren rund zehn Jahre nach der Einführung der Lebenspartnerschaft etwa 33.000 homosexuelle Paare eingetragen. Mehr als die Hälfte von ihnen sind übrigens Männer.

„Partnerschaft“ statt Heirat

Viele gleichgeschlechtliche Paare nutzen natürlich das Wort „Homoehe“. Sie sagen, dass sie heiraten und nicht, dass sie eine Partnerschaft eingehen und eintragen lassen. Faktisch gesehen ist eine solche Partnerschaft auch wie eine Ehe: Sie wird auf dem Standesamt eingetragen und bringt in vielen Punkten die gleichen Rechte und Pflichten mit. Aber vor allem bei dem Thema Adoption haben Menschen in Partnerschaften nicht die gleichen Möglichkeiten, wie verheiratete Menschen. Auch gibt es zahlreiche weitere, kleinere und größere Unterschiede. Das ist der Kompromiss, auf den sich die Politiker bei der Einführung der „Homoehe“ geeinigt haben. Vor allem den Konservativen ist es nach wie vor, auch 16 Jahre nach Einführung der Lebenspartnerschaft, noch sehr wichtig, einen Unterschied zur Ehe zu erhalten – wenn auch hauptsächlich nur dem Namen nach. Die Ehe soll den heterosexuellen Paaren vorbehalten sein. Dennoch beschloss der deutsche Bundestag nach 15 Jahren eingetragener Lebenspartnerschaft einige weitere Gleichstellungen im „Gesetz zur Bereinigung des Rechts der Lebenspartner“.

Anpassung der rechtlichen Unterschiede

Nachdem die „Homoehe“ schon rund 15 Jahre in der Praxis Bestand hatte, hat der Bundestag beschlossen, weitere Regelungen der Partnerschaft einer Ehe gleichzustellen. Insgesamt 30 Vorschriften wurden angepasst. Viele Änderungen waren dabei rein redaktionelle Änderungen. So wurden etwa in der Zivilprozessordnung oder der Insolvenzordnung der Begriff „Lebenspartner“ neben dem Begriff „Ehegatte“ ergänzt. Dabei geht es etwa um die Gütergemeinschaft. Diese Änderungen bringen mit sich, dass beispielsweise bei bestimmten Pfändungen oder Vollstreckungen auch das Vermögen des Lebenspartners einbezogen werden kann. Vorher galt dies nur für Eheleute. Im Strafgesetzbuch wurde neben der verbotenen Doppelehe auch die doppelte Lebenspartnerschaft aufgenommen.

Für die alltägliche Praxis eines gleichgeschlechtlichen Paares sind diese redaktionellen Änderungen kaum von Bedeutung. Sie werden lediglich rechtlich in vielen Punkten einem Ehepaar gleichgestellt. Der größte Unterschied zu einem Ehepaar bleibt jedoch bestehen: Die Ungleichheiten im Adoptionsgesetz wurden nicht verändert. Während ein Ehepaar ein Kind gemeinsam adoptieren kann, kann ein gleichgeschlechtliches Paar ein Kind nur nacheinander adoptieren. Das bedeutet: Zunächst muss einer der Partner das Kind alleine adoptieren. Später kann dann beantragt werden, dass auch der zweite Partner das Kind adoptiert.

Viele Anpassungen der „Homoehe“ beschloss der Bundestag übrigens nicht freiwillig. Sie waren oftmals das Ergebnis von Klagen der gleichgeschlechtlichen Paare vor dem Bundesverfassungsgericht. In seiner Rechtsprechung stellte das Gericht die Lebenspartnerschaft oftmals einer Ehe gleich, mit dem Hinweis auf Artikel 3 des Grundgesetzes, wonach niemand wegen seiner sexuellen Orientierung benachteiligt werden darf. Artikel 6 des Grundgesetzes jedoch verhindert bislang, dass gleichgeschlechtliche Paare eine Ehe eingehen dürfen. Auch das Bundesverfassungsgericht sieht eine Ehe weiterhin als eine Verbindung zwischen Mann und Frau. Laut dem Gericht bleibt eine Ehe aber eine Ehe, wenn einer der beiden Partner nach der Eheschließung sein Geschlecht umwandeln lässt. 

Eine deutsche Lösung

Die Diskussion um eine gleichgeschlechtliche Ehe in einem solchen Kompromiss aufzulösen, ist eine typisch deutsche Herangehensweise. In vielen anderen Ländern der Welt gibt es keine namentliche oder rechtliche Unterscheidung zwischen homosexuellen Partnerschaften und heterosexuellen Ehen. Selbst das katholische Irland hat die Institution Ehe längst für alle Paare geöffnet. Auch das eher konservative Amerika, ebenso wie Portugal beispielsweise, kennen nur eine Form der Ehe: Eine Ehe ist eine Heirat von zwei Menschen, egal welchen Geschlechts.

Die Konservativen im Bundestag begründen die Unterscheidung zwischen Ehe und Partnerschaft mit ihrem christlichen Grundverständnis. Demnach sei eine Ehe nur für zwei Personen unterschiedlichen Geschlechts möglich. Eine Beziehung von Homosexuellen wird entwertet, eine Stufe darunter gestellt. Dabei erlauben selbst streng katholische Länder ihren gleichgeschlechtlichen Paaren mittlerweile die Ehe. Auch die Kirchen in Deutschland öffnen sich immer mehr: In vielen Kirchen ist es gleichgeschlechtlichen Paaren mittlerweile möglich, sich vor Gott das Ja-Wort zu geben. Die "Homoehe" wird also in der Kirche gesegnet. Das regeln die evangelischen Landeskirchen jedoch individuell. So ist es beispielsweise auch in einigen Landeskirchen geregelt, dass ein Pfarrer ein gleichgeschlechtliches Paar nicht trauen muss, wenn er das nicht möchte. Das bedeutet aber nicht, dass das homosexuelle Paar dann in eine andere Kirchengemeinde ausweichen muss. Vielmehr kann das Paar trotzdem meist in der Wunsch-Kirche die "Homoehe" eingehen, wird jedoch von einem anderen Pfarrer getraut. 

Das Standesamt

In Deutschland ist heute in allen Bundesländern der Standesbeamte dafür zuständig, die Lebenspartnerschaft zu beurkunden und einzutragen. Nur in Bayern gibt es noch die Ausnahme, dass dort auch jeder Notar eine Lebenspartnerschaft eintragen kann. Denn: Das Bundesgesetz gibt den eigenen Bundesländern den Raum, die Zuständigkeit für die Eintragung selbst festzulegen. In den meisten Ländern wurde diese Zuständigkeit von Beginn an den Standesbeamten übertragen. In vielen Ländern waren aber auch zunächst andere Behörden zuständig, etwa die Landkreise. Zuletzt übertrug Baden-Württemberg im Jahr 2012 die Zuständigkeit an die Standesbeamten. Übrigens ist es künftigen Lebenspartnern genauso wie bei einer Eheschließung möglich, nicht zu dem Standesamt in dem Bezirk zu gehen, in dem man wohnt. Auch für die Eintragung einer Lebenspartnerschaft kann man sich an ein anderes Standesamt überweisen lassen. Denn heute heiraten viele Paare auch nicht in ihrer Heimatgemeinde oder Heimatstadt, sondern gerne in besonderen Standesämtern in Schlössern oder Burgen, an der Nordseeküste oder beispielsweise am Edersee in Hessen. Das soll auch Menschen möglich sein, die eine Lebenspartnerschaft eintragen lassen wollen.

In Deutschland haben Lebenspartner ebenso wie Ehegatten eine Zugewinngemeinschaft. Mit einem Lebenspartnerschaftsvertrag analog zum Ehevertrag können jedoch auch gleichgeschlechtliche Partner die Güterverhältnisse individuell regeln. Prinzipiell verpflichten sich Lebenspartner jedoch auch zum gegenseitigen Unterhalt und können ebenso auf Wunsch einen gemeinsamen Familiennamen führen, wie ein Ehepaar auch.

Auch erbrechtlich haben Lebenspartner die gleichen Möglichkeiten, wie Ehepartner: Sie können sich zunächst gegenseitig als Erben einsetzen in einem sogenannten Berliner Testament. Außerdem haben sie ein gesetzliches Erbrecht, wie auch Ehepartner. Selbst bei einer Enterbung steht dem noch lebenden Partner ein Pflichtteil zu.

Rechtliche Änderungen im Laufe der Jahre

Das Ehegattensplitting und das Recht zur Wahl der Steuerklassen gab es bis 2012 für die "Homoehe" nicht. Damit standen die Lebenspartner steuerlich gesehen schlechter als ein Ehepaar da. Da viele Finanzämter jedoch Anträgen auf Ehegattensplitting bei gleichgeschlechtlichen Paaren stattgegeben hatten, wurde dies auch gesetzlich angepasst und ermöglicht. Die Gleichbehandlung im Erbrecht wurde auch erst 2009 eingeführt: Seither gelten für Lebenspartner die gleichen Freibeträge bei einer Erbschaft, wie bei einem Ehegatten. Zuvor waren die Unterschiede erheblich, denn Ehegatten durften 307.000 Euro steuerfrei erben, Lebenspartner nur 5.200 Euro. Erst im Mai 2011 gab es ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs, wonach Lebenspartner die gleichen Rentenansprüche wie Ehepartner haben müssen. Ebenso gilt das für Hinterbliebenenrenten und Familienzuschläge.

Seit 2005 sind die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Lebenspartnerschaft zudem die gleichen wie für eine Scheidung: Beide Partner müssen mindestens ein Jahr von Tisch und Bett getrennt voneinander gelebt haben und bekunden, dass eine Versöhnung ausgeschlossen ist. Das Gericht entscheidet dann über die Aufhebung der "Homoehe". Übrigens ist auch bei Lebenspartnerschaften seither eine Art „Härtefallscheidung“ möglich.

Für im Ausland lebende Lebenspartner von Asylbewerbern ist übrigens ebenso Familienasyl möglich. Auch bei der Rundfunkgebühr gilt die Lebenspartnerschaft und ebenso beim Eintrittsrecht in den Mietvertrag, wenn der Partner verstirbt, der eine Wohnung bislang alleine gemietet hatte.

Die Lebenspartnerschaft als Vorläufer?

Viele Länder haben ihre Institution Ehe nicht sofort für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet. Oftmals gab es zunächst eine eingetragene Lebenspartnerschaft. Die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare folgte dann einige Jahre später. In manchen Ländern war die Lebenspartnerschaft dabei rechtlich völlig anders gestellt, als etwa die Ehe. In Deutschland ist die Partnerschaft jedoch rechtlich sehr ähnlich gestaltet, mit Ausnahme des Adoptionsrechts.

Die skandinavischen Länder hatten auch zunächst nur die eingetragene Lebenspartnerschaft als Möglichkeit für homosexuelle Paare. Später öffneten Island, Norwegen, Schweden und Dänemark jedoch die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare. Zeitgleich beendeten sie die Möglichkeit, eine neue Lebenspartnerschaft einzugehen und in das Register für Lebenspartnerschaften eintragen zu lassen. Bestehende Partnerschaften blieben bestehen, können auf Wunsch aber auch in Ehen umgewandelt werden. Auf diese Art schaffen die skandinavischen Länder die Lebenspartnerschaft jedoch sukzessive wieder ab.

Kritik an der Lebenspartnerschaft

Kritisiert wird von vielen Menschen und Gemeinschaften an der eingetragenen Lebenspartnerschaft vor allen Dingen, dass sie eine Diskriminierung von Menschen darstelle. Allein aufgrund ihrer Sexualität werden diese anders behandelt und rechtlich nicht mit heterosexuellen Paaren gleichgestellt. Die unterschiedlichen Begriffe „Ehe“ und „Partnerschaft“ seien eine symbolische Diskriminierung. Die unterschiedlichen Rechte bei dem Thema Adoption seien zudem eine tatsächliche Diskriminierung. Viele Kritiker sehen in der Ungleichbehandlung von Homosexuellen und Heterosexuellen im Bezug auf die Ehe und die Partnerschaft sogar einen Verstoß gegen die Menschenrechte. 

Schritte auf dem Weg zur Lebenspartnerschaft

Lebenspartner gleichen Geschlechts sind in Deutschland noch nicht mit Ehegatten gleichgestellt. Dafür sind die Rechte und Pflichten einer Lebenspartnerschaft denen einer Ehe mittlerweile stark angeglichen worden. Das war ein langwieriger Kampf. 2000 wurde das Lebenspartnerschaftsgesetz verabschiedet, seither gab es einige Änderungen und Angleichungen, um die Partnerschaft der Ehe ähnlicher zu machen. 

Noch in den 1960er- Jahren war Homosexualität in Deutschland strafbar. Erst in den 70er-Jahren wurde Homosexualität für männliche Jugendliche und Männer straffrei. Weniger als 30 Jahre vor der Möglichkeit einer "Homoehe" war Homosexualität also noch kriminell und strafbar. Lebten gleichgeschlechtliche Paare zusammen, galt es auch danach noch als sittenwidrig. So adoptieren viele Homosexuelle ihren Partner, um so die Möglichkeit zu haben, irgendeine rechtliche Verbindung einzugehen und um zusammenleben zu können. Der Bundesgerichtshof entschied erst in den 80er-Jahren, das Mietrecht betreffend, dass das Zusammenleben unverheirateter Paare nicht mehr sittenwidrig sei. Das betraf auch Paare unterschiedlichen Geschlechts. Deren Zusammenleben war bis dahin ohne Trauschein auch sittenwidrig. Erst zu Beginn der 90er-Jahre gab es vermehrt Forderungen in Deutschland, homosexuellen Paaren die Möglichkeit einer rechtlichen Verbindung zu schaffen. Angestoßen wurde dies dadurch, dass Dänemark bereits 1989 gleichgeschlechtliche Partnerschaften absicherte. Bei der „Aktion Standesamt“ bestellten 1992 mehr als 250 Paare in Deutschland das Aufgebot auf den Standesämtern. Auch Hella von Sinnen beteiligte sich an der Aktion. Im Mai 1999 schlossen dann einige Männerpaare und Frauenpaare die „Hamburger Ehe“. Es war eine rechtlich folgenlose „Eheschließung“, die jedoch vor allen Dingen ein Signal setzen sollte und die Forderung nach einer „Homoehe“ unterstrich.

Als 1998 die Regierung in der Bundesrepublik wechselte, hatten SPD und Grüne erst die Chance, das Lebenspartnerschaftsgesetz einzubringen und zu verabschieden. Das geschah 2000, gegen die Stimmen von CDU, CDU und FDP. Die Bundesländer Bayern, Sachsen und Thüringen versuchten sogar noch, das Gesetz durch eine Klage beim Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig abschmettern zu lassen. Die Niederlande öffneten im gleichen Jahr übrigens als erstes Land der Welt die Ehe auch für homosexuelle Paare.

 

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